Reuters: Stop Belästigung. Sofia Pavlenko kreidet hier an, was mitten auf der Straße in der Nähe des Hauptbahnhofs in München passiert ist. Und das wortwörtlich. Mit Straßenmalkreide schreibt sie auf, was eine junge Frau ihr über Instagram geschildert hat. Die 23-Jährige hat mit zwei weiteren Bekannten die Instagram-Seite „Catcallofmuc“ ins Leben gerufen, die erste dieser Art in Deutschland. Das Konzept: Jeder und jede – meistens sind es Frauen – können anonym den Betreiberinnen eine Nachricht schicken, wenn sie Belästigung erlebt haben und wo das passiert ist. Sofia und andere schreiben das in etwas verkürzter Form mit Straßenmalkreide an den Tatort.
„Genau deswegen haben wir eben dieses Projekt, um darauf aufmerksam zu machen und zu zeigen, wie oft das eigentlich passiert. Und die Personen, die uns die Nachrichten schicken, schreiben ja auch oft dazu, wie sie sich gefühlt haben. Und dann spürt man eben, was das für ein Leid mit sich bringt, so ein Spruch.“
Esther Papp, Kriminalhauptkommissarin im Bereich Opferschutz und Prävention, erklärt, man müsse die Öffentlichkeit sensibilisieren:
„Denn es gibt ja immer wieder Stimmen, wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, die sagen: Ach, das ist ja nicht so schlimm oder es ist ein Kompliment. Und das geht natürlich gar nicht. Kein Mensch möchte wie ein Sexualobjekt behandelt werden. Jeder will sich einfach frei bewegen und nicht von anderen in so einer absolut miesen Art bewertet werden.“
Denn was für Auswirkungen Catcalling oder sexuelle Belästigung haben, weiß die Traumafachberaterin Mirjam Spies vom Frauennotruf München:
„Also [sind] wir [Frauen] viel damit beschäftigt […], wenn wir das Haus verlassen, zu überlegen: Trage ich irgendwas dazu bei, dass ich Gewalt erleben könnte? Das heißt, das schränkt mich schon mal sehr in meiner Freiheit, ich selbst zu sein, ein, bis hin dass wir eben uns selber die Schuld daran geben, uns Vorwürfe machen. Frauen ziehen sich sozial zurück.“
Deshalb kämpfen Sofia und ihre Mitstreiterinnen weiter dafür, dass Catcalling und sexuelle Belästigung mehr Aufmerksamkeit bekommen - dass sie es in Zukunft hoffentlich weniger ankreiden müssen.